Lehnitzer Geschichten – Arztfamilie Weser in Oranienburg / Lehnitz

Dr. med. Johannes Weser – Leben und Wirken

Die Menschen wurden 1945 in unserer Regionunter schwierigsten medizinischen Bedingungen versorgt. Hinzu kam, dass es nur wenige Ärzte im Oranienburger Umkreis gab. Einer von ihnen war Dr. med. Johannes Karl Weser. Er wurde am 14. Mai 1899 in Wittenberg-Lutherstadt geboren. Er besuchte die Königliche Landesschule in Pforta bei Naumburg/Saale. Dort legte er im Jahre 1917 sein Abitur ab. Seine Studienzeit absolvierte er an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin. Hier promovierte er 1927 zum Doktor der Medizin. Seine Niederlassung als Arzt befand sich in der Schützenstraße in Berlin-Mitte. Die Ausbombung in Berlin veranlasste Dr. Weser mit seiner Familie zum Zuzug nach Lehnitz auf sein bereits 1926 erworbenes Wochenendgrundstück im Falkenweg 6-8. Aber auch hier ereilte ihn wiederum der Verlust des Hauses in Folge des schweren Bombenangriffs auf Oranienburg am 15. März 1945.

Die letzten Kriegswochen, insbesondere die Schlacht um Berlin im April 1945, beanspruchten ihn als Arzt sehr. Sein unermüdlicher Einsatz im Dienste der unzähligen Verwundeten hinterließ auch an seinem Gesundheitszustand erhebliche Spuren.

Dr. med. Johannes Weser

Nach dem Kriegsende begründete Dr. Weser zunächst eine Praxis im Forstring 2. Sein Versorgungsbereich erstreckte sich auf Lehnitz und Oranienburg Süd sowie die Landgemeinden Wensickendorf und Zehlendorf. Außerdem war er gleichzeitig leitender Arzt des Infektions- und Seuchenkrankenhauses Lehnitz (Kreiskrankenhaus Lehnitz-Nordbahn).
Zu seinen Aufgaben gehörten die schulärztliche Betreuung, die vertrauensärztliche Tätigkeit im Bereich von Rentenbegutachtungen sowie als Nachbegutachter für die Arbeitsunfähigen auch im Gebiet von Liebenwalde und Wandlitz.

Das schon rein räumlich große Versorgungsgebiet erforderte zur Gewährleistung der eigenen Mobilität, einen ewigen Kampf mit den Behörden, um benutzbare Fahrzeuge bzw. dringend benötigte Ersatzteile. Als Transportmittel wurde alles genutzt, vom Pferdewagen bis zum Fahrrad. Selbst das Letztgenannte war eine Rarität.

Dr. med. Johannes Weser mit seiner Ehefrau Marie Weser

Um möglichst bald den untragbaren, zudem auch unbeheizbaren Praxisräumen und den unzulänglichen Wohnverhältnissen zu entrinnen, begann Dr. Weser noch im Jahre 1945 mit seinem Hausbau. Material und Handwerker fehlten. Deshalb verzögerte sich der Bau. Nach drei Jahren war das Haus im Falkenweg 8 fertig. Der Gesundheitszustand verschlechterte sich von Dr. Weser rapide. Dr. med. Johannes Weser verstarb am 1. Januar 1949 im Dominicus-Krankenhaus in Berlin-Hermsdorf.

Hans Weser – Leben und Wirken in der Praxisnachfolge als Physiotherapeut

Hans Weser wurde am 9. September 1931 als Sohn von Dr. med. Johannes Weser und Marie Weser (geborene Belau) in Berlin geboren. Er besuchte das Berliner Gymnasium „Zum grauen Kloster“. Durch den Beruf seines Vaters geprägt, entdeckte Hans Weser schon früh die Liebe zur Medizin und dem Helfen überhaupt. Er war im Alter von 17 Jahren mithelfendes Familienmitglied in der väterlichen Praxis und ihm oblag die Medikamentenbesorgung als auch deren Verteilung an die Patienten. Er half aus bei Krankentransporten und nicht zuletzt leistete er unentgeltliche Hilfe als Volontär im Oranienburger Krankenhaus.

Hans Weser

Er gewann somit einen vielseitigen praktischen Einblick in das Spektrum medizinischer Tätigkeit. Im Laufe der folgenden Jahre war Hans Weser in den unterschiedlichsten medizinischen Einrichtungen, unter anderem im Oberlinhaus in Potsdam-Babelsberg und dem VP-Krankenhaus in Berlin, tätig. In dieser Zeit legte er medizinische Fachprüfungen ab. 1949 erlangte er die Befähigung zum medizinischen Bademeister und 1953 zum medizinischen Fußpfleger. 1955 absolvierte er das Examen zum staatlich geprüften Masseur. Am 1. September 1957 eröffnete seine eigene Praxis im Falkenweg 8 in Lehnitz. Das Einzugsgebiet der Praxis umfasste neben Lehnitz, die Gemeinden Wensickendorf und Zehlendorf. 1978 legte er zudem die Qualifizierung zum Physiotherapeuten ab.

Ehrenamtlich war Hans Weser ebenfalls sehr aktiv. Er betreute den Blinden- und Sehschwachenverband und war aktiv in der Jugendarbeit des Deutschen Roten Kreuz (DRK) mit der Ausbildung der „Jungen Sanitäter“ betraut. Die Absicherung des jährlich stattfindenden „Sachsenhausener Gedenklaufes“, war für ihn eine angenehme Aufgabe. Des Weiteren engagierte er sich im Hygieneaktiv.

Rosi und Hans Weser

Das Wirken von Hans Weser dauerte bis Anfang der 90er Jahre an. Er starb am 28. November 1993. In Erinnerung bleiben seiner Familie, den unzähligen Patienten und Wegbegleitern ein Mensch, der bei Problemen rund um die Uhr half, der zuhörte und Mut schenkte und dessen herzhaftes Lachen zum Markenzeichen geworden ist.
(Quelle: Juliane Weser, Enkelin u. Urenkelin von Hans u. Johannes Weser)