Pressemitteilung 24/2024 der Stadt Oranienburg:
Auch fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges vermuten Experten noch rund 250 alliierte Bomben im Boden unter der 50.000-Einwohner-Stadt. Wegen chemischer Langzeitzünder drohen sie irgendwann von allein zu explodieren. Millionen Euro gibt die Stadt jedes Jahr für die Kampfmittelsuche aus. Bei einem Treffen mit Bundes- und Landtagsabgeordneten sowie hochrangigen Vertretern von Bundes- und Landesbehörden hat Bürgermeister Alexander Laesicke für mehr Bundesunterstützung geworben.
„Als wachsende Stadt müssen wir erheblich in Infrastruktur investieren, Kitas, Schulen und Feuerwehrgebäude errichten. Jeder Euro, den wir für die Suche nach Bomben ausgeben müssen, fehlt uns für diese Aufgaben. Bund und Land unterstützen uns, aber diese Hilfe reicht nicht aus. Eine Bundesrichtlinie, von der wir bisher profitieren, läuft demnächst aus. Jedes Jahr bleiben aber bereits jetzt bis zu zwei Millionen Euro übrig, die wir nicht erstattet bekommen. Mehr Transparenz, eine Verlängerung der Richtlinie und am besten auch eine Ausweitung der Förderung zugunsten der Kommune, am besten mit einer Sonderregelung für Oranienburg sind unsere zentralen Ideen“, spricht der Bürgermeister Klartext.
Vertreter aller Parteien im Haushaltsausschuss des Bundestages, die Chefs der Bundesimmobilienanstalt und des Wasser- und Schifffahrtsamtes, dazu die zuständigen Minister Christian Lindner und Volker Wissing waren zu dem Treffen eingeladen. Neben einer Einführung in die Bombenproblematik der Stadt stand auch eine Besichtigung einer aktuellen Räumstelle auf dem Programm. Mitte März soll dort eine weitere Weltkriegsbombe entschärft werden. Derzeit wird das Absenken des Grundwassers vorbereitet, haushohe Container schützen die umliegenden Wohnhäuser vor fliegenden Splittern im Fall einer Explosion.
„Viele Entscheidungsträger in Berlin haben kein Bild von dem Aufwand, den wir in Oranienburg betreiben. Systematisch wird auf Basis eines wissenschaftlichen Gutachtens jeder Quadratmeter Boden untersucht. Der Neubau einer Schleuse an der Havel ist fast zwei Jahres in Verzug, weil mit Millionenkosten Bomben entschärft werden mussten, die wir dort im unmittelbaren Uferbereich gefunden haben“, erklärt Stefanie Rose, zuständige Dezernentin in der Oranienburger Stadtverwaltung.
Eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe aus Verwaltung und den für Oranienburg zuständigen Landtags – und Bundestagsabgeordneten hatte den Termin angestoßen, um vor allem die Bundesebene davon zu überzeugen, dass Oranienburg ein Sonderfall ist. Experten stufen die Stadt am Nordrand von Berlin als eine der am dichtesten bombardierten Flächen in Europa ein. Hintergrund ist, dass hier während der NS-Diktatur bedeutsame Standorte der Rüstungsindustrie bestanden. Regelmäßig müssen auch viel benutzte Bahnstrecken in Richtung Ostsee wegen der Suche nach Kampfmitteln gesperrt werden. Die Havel als Bundeswasserstraße ist ebenso oft betroffen. Seit Jahren kämpft Oranienburg für mehr Unterstützung angesichts der massiven Kosten.
„Der Haushaltsausschuss hat das Thema Kampfmittel im Blick. Wir haben beschlossen, ein bundesweites Geoinformationssystem einzurichten, um die Munitionssuche zu beschleunigen. Damit unterstreichen wir die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. Welche weiteren finanziellen Hilfen folgen, wird aktuell diskutiert“, signalisiert Wiebke Papenbrock, Abgeordnete im Haushaltsauschuss des Bundestages grundsätzliche Unterstützung für die Oranienburger Belange.
(Fotos: Stadt Oranienburg/Sebastian Welzel)